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Folientunnels schützen Aprikosenbäume

19. Februar 2020

Darf ein Landwirt seine Aprikosenbäume vor Krankheiten und Schädlingen mit einem Folientunnel schützen? Mit dieser vereinfachten Fragestellung wird sich das Verwaltungsgericht beschäftigen müssen. Weshalb der Schutz mittels Folientunnel auch in einer Schutzzone durchaus Sinn macht, möchte ich nachfolgend ausführen.

Bei Obstanlagen schützen Netze vor Schädlingen wie der Kirschessigfliege. Bei Aprikosenanlagen wie jenen im Seetal schützen Folientunnels die Kultur vor Feuchtigkeit, die den Nährboden für bakterielle Erreger wie Pseudomonas oder den Pilz Monilia bilden. Damit kämpfen Bauern in allen Anbaugebieten im In- und Ausland. Die Behauptung der Umweltschutzverbände, die im Nachhinein gegen die Aprikosenanlage Einsprache erhoben haben, dass sich Aprikosen im Freiland nicht kultivieren liessen und auf «künstliche» Bedingungen im Folientunnel angewiesen seien, ist falsch. Das beweisen auch zahlreiche weitere Aprikosenanlagen im Aargau, die nicht mit einem ganzjährigen Folientunnel geschützt sind. Die betroffenen Obstbauern haben mit den Folientunnels ihre Kultur einzig vor Krankheiten und Schädlingen geschützt. Der Folientunnel ist die Alternative zu Pflanzenschutzmittel, die sonst eingesetzt werden müssen.

Standorte gut gewählt
Ein Streitpunkt bei den Seetaler Aprikosenkulturen betrifft den Standort der zwei Anlagen. Die Standorte befinden sich zwar in Landschaften von kantonaler Bedeutung (LkB), diese wurden aber vor mehreren Jahrzehnten sehr grosszügig ausgeschieden. So ist rund die Hälfte des Kulturlandes mit einer solchen Zone überdeckt. Dort sind gemäss Richtplantext aber explizit Witterungsschutzanlagen erlaubt mit dem Hinweis, dass eine erhöhte Sorgfaltspflicht nötig ist. Und diese Sorgfaltspflicht wurde eingehalten, wie ja auch die Verwaltung feststellte, sonst hätte sie die Anlage ja gar nie bewilligt. Die Anlage in Egliswil wurde unmittelbar neben eine bereits bestehende Kirschenanlage gestellt, die ebenfalls mit einem Witterungsschutz ausgestattet ist. Hätten die Folientunnels ausserhalb der LkB platziert werden müssen, wäre nur der Standort auf der anderen Seite der Kirschenanlage in Frage gekommen. Dort wäre die Anlage nicht nur stärker in Erscheinung getreten, es hätten auch bestehende Hochstammbäume gefällt werden müssen und eine artenreiche Biodiversitätsförderfläche wäre der Anlage zum Opfer gefallen. Auch der Standort der zweiten Anlage in Seengen ist gut gewählt. Die Tunnels stehen unmittelbar neben dem Betrieb, der sich am Rande der Landschaftsschutzzone befindet. So präsentiert sich ein kompaktes und gesamtheitliches Bild. Dementsprechend wurden denn auch seitens des zuständigen Departements Bau, Verkehr und Umwelt die Bewilligungen erteilt.

Keinen negativen Einfluss auf Seelandschaft
Beide Anlagen stehen nicht in der unmittelbaren Nähe des Sees. Sie fallen deshalb auch nicht unter das  Hallwilersee-Schutzdekret. Die Anlagen sind auch nicht vom See aus erkennbar, wie man aufgrund der Kommunikation der Umweltverbände annehmen müsste. Erfreut bin ich ob der Reaktion aus breiten Teilen der Bevölkerung, die durchaus nachvollziehen kann, dass eine Produktion mit weniger bis keinem Pflanzenschutzmitteleinsatz allenfalls landschaftliche Eingriffe nötig macht. Wenn sie wie in den vorliegenden Fällen sorgfältig eingebettet sind, wird dies auch breit akzeptiert.

Weg Richtung noch mehr Nachhaltigkeit konsequent weiter gehen
Die gesellschaftliche Erwartungshaltung an die landwirtschaftliche Produktion, beste Qualität zu einem günstigen Preis und ohne Umwelteinwirkung zu bekommen, ist widersprüchlich. Es muss uns Bauern deshalb gelingen, aufzuzeigen, dass es ohne Schutz nicht geht oder das Risiko für Ernteausfälle und Qualitätseinbussen zu gross ist. Die Ernährungssicherheit würde damit aufs Spiel gesetzt und die Importabhängigkeit aus weniger nachhaltiger Produktion erhöht. Die Bäuerinnen und Bauern werden trotzdem weitere Massnahmen umsetzen, um die Einwirkungen auf die Umwelt noch weiter zu reduzieren. Sie gehen damit den bereits seit Jahren eingeschlagenen Weg Richtung noch nachhaltigerer Produktion konsequent weiter. So wurden etwa der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln in den letzten zehn Jahren um 26.8 % reduziert. Beim Glyphosat beträgt der Rückgang gar über 55 %. Ich bin zuversichtlich, dass die Gesellschaft und ‑ in Kenntnis der Fakten ‑ auch die Umweltverbände diesen Weg mittragen, weiterhin Schweizer Produkte bevorzugen und bereit sind, einen Mehrpreis für nachhaltige Produkte zu bezahlen.

Bewilligung ja oder nein – Rückblick und Ausblick
Bei den Seetaler Aprikosentunnel steht die innovative Produktionsmethode und der Umstand im Vordergrund, dass mit regionalproduzierten Früchten die Wertschöpfung in der Region bzw. im Kanton beibehalten werden kann. Landwirtschaftsdirektor Markus Dieth begrüsst nach wie vor solch innovative Ideen der Aargauer Landwirtschaft. Zum Zeitpunkt der Pressekonferenz anlässlich der Einweihung und Besichtigung der Aprikosentunnel vor zwei Jahren bestand keine Veranlassung, an der Rechtskraft und folglich an der Rechtmässigkeit der Folientunnels an den betreffenden Orten zu zweifeln. Dies, weil der Bewilligungsprozess über die Gemeinde und das zuständige Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung für Baubewilligungen, zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen war und eine (vermeintlich) rechtskräftige Baubewilligung vorlag. Dass die Gemeinden die Baugesuche nicht im kantonalen Amtsblatt publiziert hatten und folglich die Rechtskraft gar nicht eintreten konnte, war nicht bekannt. Dies führte dazu, dass lange nach Vorliegen der damaligen Bewilligungserteilung durch die Gemeinden eine Beschwerde erhoben werden konnte. Bei der regierungsrätlichen Beratung des Beschwerdeentscheids war Markus Dieth gesetzeskonform im Ausstand. Die konkrete Umsetzung des Regierungsratsbeschlusses wird durch die Abteilung für Baubewilligungen des zuständigen Departements Bau, Verkehr und Umwelt vorgenommen. Dabei wird es darum gehen, eine für alle Beteiligten verträgliche Lösung zu finden; zuerst steht nun aber wohl die Beurteilung des Regierungsentscheids durch das Verwaltungsgericht an.

Foto: Dank Folientunnels praktisch kein Einsatz von Pflanzenschutzmittel nötig. (Foto: Toni Widmer)

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