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Durchführung von Hearings und Information der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit geäusserter substanzieller Kritik aus der Bürgerschaft zur Arbeit der kantonalen Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte

8. Januar 2019

Antrag auf Direktbeschluss der CVP-Fraktion vom 8. Januar 2019 betreffend Durchführung von Hearings und Information der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit geäusserter substanzieller Kritik aus der Bürgerschaft zur Arbeit der kantonalen Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte

Text:
Der Grosse Rat möge die Kommission für Justiz (JUS) oder die Geschäftsprüfungskommission (GPK) damit beauftragen, geäusserter substanzieller Kritik aus der Bürgerschaft zur Arbeit der kantonalen Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte nachzugehen, indem mit solchen Kritikern Anhörungen durchgeführt werden (Hearings) und deren Vorwürfe überprüft werden sollen.

Begründung:
Immer wieder sehen sich die Mitglieder des Grossen Rates zur Arbeit der kantonalen Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte mit Kritik aus der Bürgerschaft konfrontiert. Die Bandbreite der Kritiker reicht von selbsternannten Justizopfern bis zu Fachleuten mit Expertenmeinungen.

Die Kritik der zuletzt genannten Kategorie ist besonders ernst zu nehmen und verdient es, (auch) von der Volksvertretung gehört zu werden. Es genügt nicht, diese Kritiker an den Regierungsrat oder das Obergericht zu verweisen. Es genügt auch nicht, wenn der Grosse Rat nur die Meinung der kritisierten Behörde abholt. Um sich ein umfassendes Bild zu verschaffen, muss der Grosse Rat in den Dialog mit solchen Kritikern treten. Insbesondere dann, wenn es sich um ausgewiesene Experten handelt. Ziel muss es sein, allfällige Mängel zu beheben und wenn nötig Abläufe zu optimieren.

Soweit ersichtlich, hat der Grosse Rat hierzu noch nie systematisch Erhebungen bei der Bürgerschaft durchgeführt. Dies soll mit dem vorliegenden Vorstoss geschehen: ausgewiesene Kritiker sollen von einer Kommission des Grossen Rates im Rahmen von Hearings angehört werden. Geäusserten Vorwürfen soll nachgegangen werden. Solche Erhebungen dienen letztlich dem Rechtsfrieden und der Bürgerzufriedenheit.

Der vorliegende Antrag auf Direktbeschluss ist im Sinne einer einmaligen Aktion zu verstehen: die Hearings und eine Information der Öffentlichkeit sollen innerhalb eines sinnvollen Zeitfensters stattfinden. Sollte sich diese Aktion als nützlich erweisen, könnte zu einem späteren Zeitpunkt über eine (periodische) Wiederholung nachgedacht und entsprechend Beschluss gefasst werden.

Gestützt auf § 43 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG, SAR 152.200) fasst der Grosse Rat einen Beschluss im Bereich seiner ausschliesslichen Zuständigkeit. Mit einem Antrag auf Direktbeschluss kann eine Kommission für eine bestimmte Aufgabe eingesetzt werden; diese hat dem Rat innert festgesetzter Frist Bericht zu erstatten (§ 76 des Dekrets über die Geschäftsführung des Grossen Rates [GO, SAR 152.210]). Die Information der Öffentlichkeit wiederum ist in § 15 Abs. 2 GO ausdrücklich vorgesehen.

Die JUS oder die GPK wären prädestiniert, einen solchen Auftrag des Grossen Rates umzusetzen (die Oberaufsicht der Kommissionen folgt aus § 18 GO). Hierfür muss keine spezielle Kommission (§ 32 GO) und keine parlamentarische Untersuchungskommission (§ 33 GO) eingesetzt werden. Das genaue Vorgehen, etwa die Form der Einladung der Bürgerschaft und des/der darauffolgenden Hearings, die Dauer der Aktion sowie die Eingrenzung der anzuhörenden Bürgerinnen und Bürger, kann die beauftragte Kommission selber bestimmen.

In der Sache ist es gerechtfertigt, dass sich der Grosser Rat – durch eine seiner Kommissionen – geäusserter Kritik aus der Bürgerschaft zur Arbeit der kantonalen Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte stellt. Zum einen muss die Kritik nicht gegen bestimmte Personen gerichtet sein; vielmehr kann die Kritik auch auf strukturelle Unstimmigkeiten gerichtet sein. Es wäre daher nicht zielführend, alle Kritiker an die kantonale Aufsichtskommission oder das Justizgericht zu verweisen, da diese Behörden «nur» über Disziplinarmassnahmen entscheiden können (§§ 25, 34 und 38 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SAR 155.200]). Zum anderen können die besagten Behörden bei Kritik gegenüber den Strafverfolgungsbehörden auch gar nicht aktiv werden. Zudem besteht im Kanton derzeit kein anderes Gefäss, mit welchem dem Anliegen des vorliegenden Antrags Rechnung getragen werden könnte. Das Institut eines kantonalen Ombudsmannes, wie es in § 101 der Kantonsverfassung grundsätzlich vorgesehen wäre, wurde nie geschaffen (letztmals wurde ein entsprechendes Postulat von Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen [Geschäftsnummer 11.1] vom Grossen Rat am 24. Mai 2011 mit 67 zu 61 Stimmen knapp abgelehnt). Schliesslich bieten die Jahresberichte des Regierungsrates und des Obergerichts keinen Ersatz für die mit diesem Vorstoss geforderte systematische Erhebung.

Im Übrigen steht der vorliegende Antrag im Einklang mit dem Recht: Die parlamentarische Oberaufsicht des Grossen Rates (§ 80 der Kantonsverfassung) umfasst alle Behörden und Organe, die kantonale Aufgaben wahrnehmen. Auch die Gerichte mit ihrer richterlichen Unabhängigkeit (§ 95 der Kantonsverfassung und § 20 GOG) sind dieser Oberaufsicht nicht entzogen, was bereits in § 25 und § 38 Abs. 1 Bst. c GOG zum Ausdruck kommt. Für die Strafverfolgungsbehörden gilt ohnehin eine Aufsicht durch den Regierungsrat (§ 17 des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Strafprozessordnung [EG StPO, SAR 251.200]) und damit auch die Oberaufsicht durch den Grossen Rat; nur Anordnungen oder Weisungen betreffend die Führung einzelner Strafverfahren wären unzulässig (§ 18 Abs. 4 EG StPO).

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