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CVP will Parallelrecht verbieten

4. September 2016

Schweiz am Sonntag vom 4. September 2016

Die Partei hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit religiösem Fundamentalismus beschäftigt.

Frauen in Burkas, Kinder in Kopftüchern an Schulen, Zwangsehen, Handschlag-Verweigerungen: Die CVP sagt «Radikalismus und Fundamentalismen im Namen der Glaubensfreiheit» den Kampf an, wie es Präsident Gerhard Pfister nennt. «Sie sind ein neues Phänomen und fordern den Westen extrem heraus», sagt er. «Ich glaube, wir müssen eine Antwort darauf finden.» Die CVP hat dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Sie tagt Mitte September erstmals.

«Wir prüfen einen Gegenvorschlag zum Burka-Verbot», sagt Pfister. «Er soll das Verhältnis zwischen Radikalismus und Rechtsstaatlichkeit thematisieren.» Eine Mehrheit in der Partei unterstütze zwar ein Burka-Verbot, sei aber gleichzeitig der Meinung, ein isoliertes Verbot in der Verfassung sei nicht sinnvoll.

Marianne Binder, Präsidentin der CVP Aargau und federführend in der Arbeitsgruppe, geht noch weiter. Sie will gar «ein Verbot für Parallelrecht», wie sie es nennt. «Eigentlich finde ich, dass die Beschäftigung mit der Burka ein Einzelproblem ist», sagte sie. «Ich plädiere für einen Fundamentalismusartikel, der diese Fragen des guten Zusammenlebens verschiedener Kulturen vertieft und gesamtheitlich angeht. Für mich stehen die Errungenschaften einer freien Gesellschaft und des modernen Rechtsstaats über allem.» Binder weiter: «Man müsste in diesem Artikel fordern, dass das Zulassen der Parallelrechte ausgeschlossen ist.» Angesichts der Flüchtlingswelle stelle man immer mehr Kinderehen fest. «In einzelnen Fällen lässt man sie sogar zu», sagt die Aargauer CVP-Präsidentin. «Da gilt Parallelrecht. Oder anders ausgedrückt die Scharia. Kinderehen, das ist Scharia.»

Binder hat für die national ausgerichtete Arbeitsgruppe der CVP das Grundlagenmaterial geliefert. In einer Motion vom Mai forderte sie im Kanton Aargau bereits «Massnahmen gegen radikale Strömungen und für das gute Zusammenleben der Menschen». Binder verlangt «unmissverständliche Informationen der Frauen und Männer mit Migrationshintergrund über Rechte und Pflichten» in der Schweiz. «Die Vorgaben unseres Rechtsstaates, die Menschenrechte, sind nicht verhandelbar und deren Akzeptanz zwingend, wenn ein Aufenthalt gewünscht wird», heisst es. Auch will Binder «klar definierte, detailliert ausformulierte Integrationsvereinbarungen, unterschrieben von Frauen und Männern». Zudem solle wieder ein verbindlicher Leitfaden im Schulbereich eingeführt werden, an dem sich die Schulen bei Unsicherheiten orientieren könnten. Beim Schwimmen, in Schullagern, bei religiösen Symbolen an Schulen, bei Riten und Bräuchen und bei Teilnahmen an Elterngesprächen und Elternabenden.

Bessere Kontrolle von Predigern

Binder fordert in der Motion auch eine aktive Förderung der Frauen mit Migrationshintergrund in Ausbildungs- und Integrationsprogrammen. «Frauen spielen in ihren Familien Schlüsselrollen», steht in der Motion. «Sie dürfen nicht isoliert werden.» Gleichzeitig pocht die CVP Aargau auf eine bessere staatliche Kontrolle von Predigern im Aargau, was Ansichten, Ausbildung und Finanzierung betreffe. Es gehe um «strikte Kompatibilität der Lehren mit unserem Rechtsstaat».

In ihrer Begründung schreibt Binder, die Flüchtlingswelle aus dem Nahen Osten, verursacht durch terroristische Regimes und Bürgerkriege in verschiedenen Ländern, werde auch die Schweiz vor grosse Herausforderungen stellen. «Es halten sich immer mehr Migranten bei uns auf, denen die Freiheits- und Gleichheitsrechte einer westlichen Gesellschaft fremd sind, was den Begriff der Toleranz strapaziert.» Deshalb brauche es «klare, nachvollziehbare und verbindliche Handlungsanweisungen, die das gute Zusammenleben der Kulturen gewährleisten».

Präsident Pfister sagt, es gehe der Partei darum, «wie wir erreichen können, dass der Rechtsstaat für alle gilt und von allen eingehalten» werde. «Das führt zur Frage, inwiefern der Islam mit einer westlichen Gesellschaftsordnung vereinbar ist.»

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