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Bewilligung und Zulassung von ambulanten Aussenstandorten, Einrichtungen und Organisationen

15. November 2022

Interpellation Edith Saner, Mitte, (Sprecherin), Miro Barp, SVP, Simona Brizzi, SP, Hans-Peter Budmiger, GLP, Karin Faes, FDP, Dr. Tobias Hottiger, FDP, René Huber, Mitte, Dr. Severin Lüscher, Grüne, Harry Lütolf, Mitte, Dr. Titus Meier, FDP, vom 15. November 2022 betreffend Bewilligung und Zulassung von ambulanten Aussenstandorten, ambulanten ärztlichen Einrichtungen und weiteren ambulanten Organisationen im Zusammenhang mit der neuen Bundesgesetzgebung

Text und Begründung:
Im Zusammenhang mit den neuen Vorschriften des Bundes zur Berufsausübungsbewilligung („BAB“) und der Zulassung zur Abrechnung über die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP-Zulassung) will das DGS (Departement Gesundheit und Soziales) eine neue Praxis – analog eigenständigen ambulanten Organisationen und ärztlichen Einrichtungen – für ambulante Aussenstandorte der Spitäler einführen. Gemäss den vorliegenden Anweisungen sollen ambulante Einrichtungen, welche nicht auf dem Spitalareal gelegen sind, neu eine Betriebsbewilligung und eine ZSR-Nummer (Zahlstellenregister-Nummer) beantragen müssen. Damit müssen sämtliche dort tätigen Mitarbeitenden – sofern diese in eigener fachlicher Verantwortung tätig sind – über eine BAB verfügen und zusätzlich die für eine OKP-Zulassung notwendigen Bedingungen erfüllen.

Die Spitäler und Kliniken sind gezwungen, durch die Praxisänderung, eine Vielzahl von neuen Bewil-ligungen einzuholen. Die Rekrutierung von Fachpersonal wird stark erschwert und der Fachkräftemangel verstärkt. Zusätzlich unbefriedigend ist die Situation in Bezug auf den Umgang mit den Psychotherapeuten in ambulanten Standorten. Mit dem neuen Anordnungsmodell dürfen diese nicht mehr unter der Leitung eines Arztes/einer Ärztin tätig sein. Die Spitäler werden gezwungen, für diese Berufsgruppe eine zusätzliche ZSR-Nummer zu beantragen. Das gleiche Vorgehen ist auch für die Berufsgruppe Physiotherapie geplant.

Im Weiteren steigt der administrative Aufwand für die Abrechnungen mit den Krankenkassen. Dazu kommt, dass die Rechnungsstellung für die Patientinnen und Patienten unübersichtlich und kaum nachvollziehbar wird. Er/Sie meldet sich z.B. an einem ambulanten Standort des Spitals für eine Leistung an, muss danach zur Weiterbehandlung stationär ins Spital und erhält über die nun zwei notwendigen ZSR-Nummern auch mindestens zwei Rechnungen.

Im Bereich der „frei“ praktizierenden Ärzteschaft kann in ärztlichen Einzelpraxen oder als Einfache Gesellschaft konstituierten Gruppenpraxen faktisch keine in eigener Verantwortung tätige Arztperson angestellt werden, ohne diese Praxen in ambulante ärztliche Einrichtungen mit eigener Rechtsper-sönlichkeit (AG, GmbH) zu überführen – mit entsprechenden Umtrieben und Kosten.

Die beschriebene neue Praxis führt zu grossem administrativen Aufwand für die Leistungserbringer, den Kanton, die Krankenkassen, Klientinnen und Klienten und steht im Widerspruch zu den Bemühungen des Kantons, Leistungen in den ambulanten Bereich zu verlagern (ambulant vor stationär).

Wir bitten den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:

  1. 1. Aus welchem Grund hat der Kanton seine Praxis in Bezug auf die ambulanten Aussenstandorte der Spitäler und Kliniken sowie in Bezug auf die Anstellung eigenverantwortlich tätiger Arztpersonen durch frei praktizierende Ärztinnen und Ärzte geändert?
  2. Gibt es eine zwingende Vorschrift, die ambulanten Aussenstandorte von der Spitalbewilligung auszunehmen und separat zu bewilligen? Und gibt es eine zwingende Vorschrift, dass die Berufs-gruppen wie Physiotherapie und Psychotherapeuten nicht mehr mit der ZSR-Nummer des zustän-digen Arztes bzw. Spitals abrechnen dürfen? Welche Bedingungen muss das medizinische Fachpersonal an Nebenstandorten erfüllen, um eine OKP-Zulassung zu erhalten?
  3. Ist die rechtliche Vorgabe nicht nur bestimmter Betriebsarten, sondern zusätzlich auch deren Rechtsform, mit Blick auf Art. 95 BV (Privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit) aus Sicht des Regie-rungsrats notwendig, zweck- und verhältnismässig?
  4. Welchen Nutzen sieht der Regierungsrat in der neuen Praxis? Wie zweckmässig ist die neue Praxis im Kontext erwünschter künftiger multiprofessioneller ambulanter Versorgungszentren, die unter einem Dach umfassende integrierte Gesundheitsdienstleistungen anbieten sollen – und offen-bar für jede einzelne hier tätige Berufsgattung eine separate Bewilligung beantragen müssen?
  5. Wie hoch schätzt der Regierungsrat die Zahl der BAB und OKP-Zulassungen, die bis 2025 über alle Berufsgruppen erteilt werden müssen? Welche Kosten entstehen für die Leistungserbringer und den Kanton?
  6. Wie viele Stellen wurden beim Kanton zum Vollzug der neuen Bestimmungen geschaffen?
  7. Wie gehen die Nachbarkantone konkret mit den neuen Bestimmungen um?
  8. Die Vergabe von und die Abrechnung über ZSR-Nummern ist eine privatrechtliche Angelegenheit zwischen Leistungserbringern und Versicherern. Auf welcher rechtlicher Grundlage erlässt der Kanton Vorgaben betreffend Verwendung von ZSR-Nummern?
  9. Wie gedenkt der Regierungsrat die Übergangsbestimmung nach Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) anzuwenden, wonach alle Leistungserbringer nach Art. 35 Abs. 2 a–g, m und n KVG, die nach bisherigem Recht zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassen waren, nach Art. 36 des neuen Rechts vom Kanton automatisch als zugelas-sen gelten?

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