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Änderung der Verordnung zum Meldewesen beim Eintritt in eine vom Kanton anerkannte Pflegeinstitution

28. Juni 2022

Motion Andre Rotzetter, Mitte, Buchs (Sprecher), Edith Saner, Mitte, Birmenstorf, Michael Notter, Mitte, Niederrohrdorf, Hans-Peter Budmiger, GLP, Muri, Regula Dell’Anno-Doppler, SP, Baden, Dr. Roland Frauchiger, EVP, Thalheim, Patrick Gosteli, SVP, Kleindöttingen, und Gertrud Häseli, Grüne, Wittnau, vom 28. Juni 2022 betreffend Änderung der Verordnung zum Meldewesen beim Eintritt in eine vom Kanton anerkannte Pflegeinstitution.

Text:
Der Regierungsrat wird aufgefordert, in der Verordnung zum Gesetz über die Register und das Meldewesen (Register- und Meldeverordnung, RMV; SAR 122.212) § 5 Abs.1 anzupassen, indem lit. a) „Alters- und Pflegeheime“ gestrichen bzw. allenfalls ersetzt wird mit „Betreutes Wohnen“ (Wohnen mit Dienstleistungen) mit dem Ziel, dass bei einem Eintritt in eine Langzeitinstitution die Schriften bei der bisherigen Wohnsitzgemeinde verbleiben.

Begründung:

  • Es war bewährte Praxis im Kanton Aargau: Trat eine pflegebedürftige Person in einer anderen Gemeinde in ein Pflegeheim ein, wurde in der Standortgemeinde des Pflegeheimes ein Nebenwohnsitz begründet. Der Hauptwohnsitz verblieb in der Herkunftsgemeinde, die auch für die Finanzierung der Pflegerestkosten zuständig ist. Im Weiteren wurde die pflegebedürftige Person weiterhin B. bei Geburtstagen besucht, über Besonderheiten der Gemeinde informiert etc. Ebenfalls war klar, dass die pflegebedürftige Person auf dem Friedhof der Wohnsitzgemeinde die letzte Ruhe fand.
  • Die Gemeindeabteilung des Departementes Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau (DVI) hat den Gemeinden im Februar 2019 mitgeteilt, dass eine undifferenzierte Registrierung mit Nebenwohnsitz bei den Altersheimbewohnerinnen und -bewohnern in vielen Fällen der bundesgerichtlichen Praxis widerspreche. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichts (Urteil vom 19. Juni 2007) ergibt sich, so die Gemeindeabteilung, dass sofern sich eine urteilsfähige mündige Person aus freien Stücken, das heisst freiwillig und selbstbestimmt zu einem Heimaufenthalt unbeschränkter Dauer entschliesst und überdies das Heim und den Aufenthaltsort frei wählt – dort ein neuer Wohnsitz begründet wird, sofern bei einem unter solchen Begleitumständen erfolgenden Anstaltseintritt der Lebensmittelpunkt in das Heim verlegt wird. Als freiwillig und selbstbestimmt habe der Heimeintritt auch dann zu gelten, wenn er vom „Zwang der Umstände“ – etwa Angewiesensein auf Betreuung/Pflege oder finanzielle Gründe – diktiert werde.

Aus folgenden Gründen erachten die Motionärinnen und Motionäre die Umsetzung der Verordnung als unwürdig, was z. B. von anderen Kantonen erkannt wurde (im Kanton Baselland gilt die Rechtsgrundlage beziehungsweise die Verordnung seit dem 1.Juni 2014 und er hat keine Anpassungen vorgenommen; im Kanton Bern gelten Gesetz und Verordnung seit dem 1. Juli 1986 und er hat diese Grundlagen nicht angepasst):

  • Menschen treten heute hochbetagt und/oder mit vielen Einschränkungen in ein Pflegeheim ein. Dieser Eintritt ist unter anderem häufig nach einem Spitalaufenthalt und erfolgt selten bis nie freiwillig. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer bei einem Langzeitaufenthalt hat sich massiv verändert und beträgt im Durchschnitt noch 2 Jahre; Kurzaufenthalte nehmen zu und dauern im Durchschnitt 40 Tage.
  • Zunehmend gibt es ältere Menschen, die vorübergehend in ein Heim eintreten (kann länger als 3 Monate dauern), sich dort erholen und wieder in ihr Haus oder ihre Wohnung zurückkehren. Dies würde bedingen, dass die Schriften wieder gewechselt werden müssen.
  • Mit der Spezialisierung in der Langzeitpflege kommt es vor, dass eine betagte Person aufgrund der zunehmenden Erkrankungen und Einschränkungen das Heim wechseln muss, um eine spezialisierte Pflege zu erhalten (z.B. Demenz, Psychogeriatrie etc.). Somit müsste der Wohnsitz mehrmals verlegt werden.
  • Die Menschen, die vor vielen Jahren (in dieser Zeit wurde die Verordnung zum Gesetz geschrieben) in Altersheime eingetreten sind, nutzen heute „Betreutes Wohnen mit Dienstleistungen“ (was eine Wohnsitzänderung klar bedingt) und treten in ein Pflegeheim ein, wenn sie aufgrund vieler Einschränkungen auf Pflege und Betreuung angewiesen sind. Wie bereits erwähnt, ist dieser Schritt selten freiwillig.
  • Mit der jetzigen Regelung, die der Kanton Aargau neu durchsetzen will, gibt es Menschen, die trotz gesundheitlichen Einschränkungen und der Einsicht, dass ein Heimaufenthalt das Richtige sein könnte, sich einem Heimeintritt Mit der Begründung, dass sie sich mit dem Schriftenwechsel entwurzelt fühlen und auch Bedenken haben, wo sie nach dem Ableben beerdigt werden, wer an ihren Geburtstag denkt etc. All diese Punkte müssen von der Ursprungsgemeinde
    separat geregelt werden.
  • Dazu kommt, dass die Gemeinde, wo der Wohnsitz neu gemeldet ist, die Steuern einzieht und aufgrund der gesetzlichen Vorlage nichts an die Restkosten zu zahlen hat.
  • Der ganze administrative Aufwand, verbunden mit nicht einfachen Informationsgesprächen von Seite Pflegeheime und Gemeinden mit künftigen Bewohnerinnen und Bewohnern und deren Angehörigen, nimmt mit dieser Regelung ein Ausmass an, das gerade in der heutigen Zeit mit immer knapper werdenden Ressourcen schwierig zu begründen ist.

Fazit
Die Motionärinnen und Motinäre wissen, dass ein Heimeintritt für alle Betroffenen eine grosse Hürde ist. Diese nun zusätzlich zu erschweren mit der Pflicht zum Wohnsitzwechsel, kann nicht nachvollzogen und unterstützt werden. Die Würde des Menschen muss auch bei Menschen, die aufgrund von Einschränkungen in ein Pflegeheim müssen, gewahrt werden.

Mitunterzeichnet von 12 Ratsmitgliedern

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