Finanzielles Engagement Kanton Bereich Pflegefinanzierung, Projekt Vereinbarung von Familie und Beruf sowie Ergänzungsleistungen für Familien
26. August 2025
Interpellation der Mitte Fraktion betreffend Auswirkungen eines möglichen finanziellen Engagements des Kantons im Bereich Pflegefinanzierung, Projekt Vereinbarung von Familie und Beruf sowie Ergänzungsleistungen für Familien
Text und Begründung:
Die bis zum 14. März 2025 dauernde Vernehmlassung zum Finanzausgleichsgesetz basierte auf dem ersten Wirkungsbericht. Die geplanten Anpassungen erfolgen somit rückblickend und zielen auf eine Optimierung des gegenwärtigen Finanzausgleichs ab. Dabei wurde auch die Schaffung eines neuen horizontalen Lastenausgleichsgefäss für die Pflegefinanzierung geprüft, aber aufgrund kritischer Rückmeldungen seitens Gemeinden nicht weiterverfolgt.
Gemäss der vom Grossen Rat verabschiedeten Gesundheitspolitischen Gesamtplanung (GGpl) soll die Zuständigkeit für die Finanzierung der Langzeitpflege bei den Gemeinden bleiben. Verbindlich wird diese Frage aber erst im Rahmen der geplanten Revision des Pflegegesetzes über die künftige Ausgestaltung und Finanzierung der Langzeitpflege entschieden. Aufgrund der Einführung der Einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) wird das System aber voraussichtlich ab 2032 ohnehin überarbeitet werden müssen.
Aus Sicht der Mitte-Fraktion stellt sich jedoch die Frage, ob diese Thematik nicht früher angegangen werden müsste. Denn immer mehr Stimmen aus den Gemeinden fordern eine Verschiebung der Restkosten für die ambulante Pflege (Spitex) und für die stationäre Pflege (Pflegeheime) von den Gemeinden auf die Kantonsebene. Sie wollen nicht bis 2032 warten, bis EFAS im Pflegebereich umgesetzt wird.
Mit dieser Verschiebung der Finanzierungszuständigkeit würden verschiedene finanzielle Fehlanreize, wie sie der Regierungsrat in seiner Botschaft zur Gesundheitspolitischen Gesamtplanung (GGpl) 2030 (23.274) beschrieben hat, eliminiert. Im Sinne der fiskalischen Äquivalenz würde die Verantwortung für die Sicherstellung der ambulanten und stationären Pflegeversorgung von den Gemeinden auf den Kanton übertragen, womit der Kanton für eine integrierte, den ganzen Patientenpfad umfassende Gesundheitsversorgung zuständig wäre, wie es die Mitte in der Anhörung zur GGpl gefordert hat.
Im Januar wurde das Postulat der Mitte zur Einführung von Ergänzungsleistungen (EL) für Familien auf Antrag des Regierungsrates abgeschrieben. Dies, obwohl der Regierungsrat, die Arbeitsgruppe der Gemeinden und die meisten Parteien die Notwendigkeit zur Verbesserung der finanziellen Situation von Working-Poor-Familien anerkennen. Gescheitert ist die EL an der Finanzierungsfrage.
Ein ähnliches Schicksal befürchtet die Mitte-Fraktion auch mit dem Projekt zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, im Rahmen dessen der Kanton in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden geeignete Massnahmen entwickelt, um die Vereinbarkeit zu verbessern. Dabei soll auch eine Mitfinanzierung durch den Kanton geprüft werden. In diesem Zusammenhang wird der Regierungsrat höflich gebeten, folgende Fragen zu beantworten.
- Welche rechtlichen Grundlagen sind bei einer Aufgaben- und Lastenverschiebung zwischen Kanton und Gemeinden zu beachten?
- Pflegefinanzierung: Übernahme der Pflegerestkosten durch den Kanton
a) Welche finanziellen Auswirkungen hätte eine Übernahme der Pflegefinanzierung durch den Kanton auf den Staatshaushalt des Kantons einerseits und die Gemeinden andererseits?
b) Wie würde eine solche Aufgabenverschiebung von den Gemeinden zum Kanton finanziell ausgeglichen (z.B. Abtausch Steuerfuss) werden gemäss § 5 Abs. 3 GAF?
c) Was wären aus Sicht des Regierungsrats die Chancen und Risiken einer Übernahme der Pflegekosten durch den Kanton?
d) Wie ist die Übernahme der Pflegekosten durch den Kanton aus Sicht der Subsidiarität und fiskalischen Äquivalenz zu beurteilen? - Projekt „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“
a) Welche Form der Finanzierung bzw. Mitfinanzierung des Kantons im Rahmen des Projekts Vereinbarkeit von Familie und Beruf erachtet der Regierungsrat als möglich und zielführend?
b) Welche Auswirkungen hätten diese Massnahmen auf die Aufgaben- und Lastenteilung zwischen Kanton und Gemeinden? Welche Form der Abgeltung wäre gegebenenfalls zielführend?
c) Wie beurteilt der Regierungsrat die Schaffung einer neuen Verbundfinanzierung im Bereich der Kinderbetreuung? - Einführung von Ergänzungsleistungen für Working-Poor-Familien mit Finanzierung durch den Kanton
a) Welche Auswirkungen hätte die Einführung von EL für Familien im Falle einer Finanzierung durch den Kanton auf den Staatshaushalt des Kantons?
b) Inwiefern könnte diese Massnahme die Gemeinden finanziell entlasten?
c) Welche Auswirkungen hätte diese Massnahme auf die Aufgaben- und Lastenteilung zwi-schen Kanton und Gemeinden? Welche Form der Abgeltung wäre gegebenenfalls ziel-führend?
d) Wie ist die Einführung von Ergänzungsleistungen für Working-Poor-Familien mit Finan-zierung durch den Kanton aus Sicht der Subsidiarität und fiskalischen Äquivalenz zu beurteilen? - Gibt es aus Sicht des Regierungsrats weitere Massnahmen, wie die Gemeinden finanziell entlastet werden können?
- Wie beurteilt der Regierungsrat generell die Entwicklung der Finanzen auf Kantons- und Gemeindeebene? Besteht aus Sicht des Regierungsrats Handlungsbedarf?
- Wie beurteilt der Regierungsrat den finanzpolitischen Handlungsspielraum des Kantons für eine finanzielle Unterstützung der Gemeinden unter Berücksichtigung des neuen AFP 2026-2029 und der im Raum stehenden politischen Forderungen nach einer Steuerfusssenkung?