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Auswirkung der nicht verbindlichen Grundlagen für eine flächendeckende, nachhaltige Alterspolitik im Kanton Aargau

3. Juni 2025

Interpellation Edith Saner, Die Mitte, Birmenstorf (Sprecherin), Hans-Peter Budmiger, GLP, Muri; Therese Dietiker, EVP, Aarau; Lucia Engeli, SP, Unterentfelden; Severine Jegge, Die Mitte, Oberrohrdorf; Severin Lüscher, Grüne, Schöftland; in Bezug auf Auswirkung der nicht verbindlichen Grundlagen für eine flächendeckende, nachhaltige Alterspolitik im Kanton Aargau

Text und Begründung:
Heute leben im Kanton Aargau rund 140’000 65-jährige und ältere Menschen, im Jahr 2050 werden es gemäss Bevölkerungsprojektion von Statistik Aargau über 230’000 sein. Der Altersquotient (Verhältnis der 65-Jährigen und Älteren zu den 20- bis 64-jährigen Personen) verändert sich in diesem Zeitraum markant von heute 31.62 (Stand per 31. Dezember 2024) auf prognostiziert 46.82.

Der Kanton ist für die Gesundheitsversorgung zuständig, welche unter anderem auch die ambulante, intermediäre und stationäre Pflegeversorgung (Spitex und Pflegeheime) beinhaltet. Hierzu bestehen kantonale Rechtsgrundlagen beispielsweise in Form des Pflegegesetzes und der Pflegeverordnung.

Anders sieht es bei der Alterspolitik aus, die unter anderem eine wichtige Präventionsaufgabe ist: Für diese sind gegen 200 Aargauer Gemeinden verantwortlich. Für die Alterspolitik im Aargau gibt es keine kantonalen Gesetze und Verordnungen. Der Regierungsrat hat zwar sehr gute, nachvollziehbare kantonale Leitsätze zur Alterspolitik verabschiedet mit dem Ziel, älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben mit einer hohen Lebensqualität zu ermöglichen. Handlungsprinzipien, Handlungsfelder und mögliche Massnahmen sind formuliert. Die dem Departement Gesundheit und Soziales (DGS) zugehörige Fachstelle Alter und Familie unterstützt die Gemeinden mit zahlreichen wertvollen Dienstleistungen, so zum Beispiel mit einem umfang-reichen Starterpaket in die Alterspolitik.

Die regierungsrätlichen Leitsätze zur Alterspolitik im Kanton Aargau sind für die Gemeinden nicht rechtsverbindlich. Und die Dienstleistungen und Arbeitsgrundlagen der Fachstelle können, müssen aber nicht in Anspruch genommen werden. Einzig die regionalen Anlauf- und Beratungsstellen für Altersfragen sind im Pflegegesetz (§18) für Gemeinden vorgeschrieben, diese können jedoch nicht die lückenhafte und oft fehlende Alterspolitik in den Gemeinden kompensieren. Kommt hinzu, dass rund jede fünfte Gemeinde gemäss Befragung im Jahr 2021 über keine solche regionale Stelle verfügt, obwohl das seit fast 20 Jahren gesetzlich vorgeschrieben ist.

Die Bestandsaufnahme zur kommunalen Alterspolitik im Kanton Aargau aus dem Jahr 2021 zeigt auf, dass immer noch mehr als ein Drittel der Gemeinden über keine Alterspolitik bzw. ein Leitbild im Alter mit entsprechenden Zielsetzungen verfügt. Lücken in der alterspolitischen Bearbeitung bestimmter Themen finden sich laut Aussagen der Gemeinden insbesondere im Bereich der Vernetzung und Koordination von Angeboten. Zudem konnten auch in den Bereichen Verkehr und Wohnen die Bedürfnisse der älteren Bevölkerung bisher noch nicht genügend gut abgedeckt werden. Als wichtigste zukünftige Handlungsfelder der kommunalen Alterspolitik werden unter anderem die Kommunikation und Information, das Teilnehmen am gesell-schaftlichen Leben und der soziale Einbezug, das Wohnen sowie die Verankerung der kommunalen Alterspolitik gesehen.

Fakt ist: Nur wenn ältere Menschen Unterstützungs- und Beratungsangebote kennen, annehmen und nut-zen, kann die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen gedämpft oder sinnvoll gesteuert und koordinierte werden. Es braucht deshalb im Kanton Aargau für Informations-, Beratungs- und Betreuungsangebote für die ältere Bevölkerung und für die Umsetzung der Alterspolitik verbindliche Grundlagen für die Zuständigkeiten, die Qualitätsstandards und -kontrolle sowie die Finanzierung.

In Ergänzung dazu ist festzuhalten, dass die Betreuung im Alter ebenfalls ein zentraler, eigenständiger Pfeiler in der wirksamen Unterstützung von Menschen im Alter darstellt und aufgrund der aufgezeigten demografischen Entwicklung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Auf Bundesebene sind Bestrebungen im Gang, die Alterspolitik zu überprüfen und zu aktualisieren sowie Betreuungsleistungen zur Förderung des selbständigen Wohnens im Rahmen der Ergänzungsleistungen besser zu berücksichtigen.

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten demografischen Entwicklungen, der Zunahme chronischer und multipler Erkrankungen und Einschränkungen im Alter, wird eine aktive und flächendeckend betriebene Alterspolitik, welche die Betreuung für Menschen im Alter als integralen Bestandteil beinhaltet, immer wichtiger.

In diesem Zusammenhang wird der Regierungsrat höflich gebeten folgende Fragen zu beantworten:

  1. Wie beurteilt der Regierungsrat den Stand der Alterspolitik auf kommunaler und auf kantonaler Ebene im Aargau? Wie steht der Aargau da im Vergleich zu Nachbarskantonen?
  2. Wie beurteilt der Regierungsrat die Tatsache, dass gemäss Bestandsaufnahme mehr als ein Drittel der Gemeinden über keine Alterspolitik verfügt, und von den alterspolitisch aktiven Gemeinden lediglich 22% explizite strategische Grundlagen in Form von Altersleitbild oder Legislatur-Zielen besitzen? Welches Ziel verfolgt der Regierungsrat und mit welcher Begründung?
  3. Teilt der Regierungsrat die Ansicht der an der Bestandesaufnahme teilgenommenen Gemeinden, dass sämtliche Themen der Alterspolitik weiter an Wichtigkeit gewinnen werden? Wenn ja, wie unterstützt er die Gemeinden aktiv und signalisiert die Wichtigkeit der kommunalen Alterspolitik?
  4. Wo ortet der Regierungsrat angesichts der demografischen Entwicklung den grössten Handlungsbedarf bei der Alterspolitik auf kommunaler und auf kantonaler Ebene?
  5. Welche Anreize in Bezug auf eine gute, sinnstiftende und nachhaltige Alterspolitik auf kommunaler Ebene könnte von Seite Kanton gefördert werden? Im Hinblick, dass z.B. Massnahmen auf kommunaler Ebene teure Heimeintritte hinaus zögern könnten.
  6. Könnte sich der Regierungsrat vorstellen, die Fachstelle Alter und Familie des DGS angesichts der an-stehenden Herausforderungen weiter zu stärken und allenfalls personell und finanziell auszubauen?
  7. Welche Möglichkeiten könnte sich der Regierungsrat vorstellen, Gemeinden, die in der Alterspolitik bereits viel Erfahrung und Wissen haben mit anderen Gemeinden zu vernetzen und voneinander zu lernen?
  8. Erachtet der Regierungsrat es als zielführende Massnahme, für die Gemeinden rechtlich bindende kantonale Grundlagen für die Zuständigkeiten, die Qualitätsstandards und -kontrolle sowie die Finanzierung einer flächendeckenden Alterspolitik im Aargau zu schaffen? Welche Vor- und Nachteile wären damit verbunden?

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