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Erweiterung bewilligbare Ausnahmemöglichkeiten Wohnsitzpflicht § 16 Gerichtsorganisationsgesetz

11. Juni 2024

Motion Karin Koch Wick, Die Mitte, Bremgarten (Sprecherin), Lukas Huber, GLP, Berikon und Claudia Rohrer, SP, Rheinfelden, betreffend Erweiterung der bewilligbaren Ausnahmemöglichkeiten von der Wohnsitzpflicht in § 16 Gerichtsorganisationsgesetz (GOG; SAR 155.200) vom 11. Juni 2024

Text:
Es wird beantragt, den Wortlaut von § 16 Abs. 2 GOG (Gerichtsorganisationsgesetz) wie folgt anzupassen bzw. zu ergänzen:
«Ausnahmen vom Wohnsitzerfordernis für nebenamtliche Richterinnen und Richter an kantonalen Gerichten, für nebenamtliche Fachrichterinnen und Fachrichter des Kindes- und Erwachsenenschutzes sowie Mitglieder der Schlichtungsbehörden für Miete und Pacht bewilligt»…

Begründung:
Die Schlichtungsbehörden für Miete und Pacht sind ein wichtiger Pfeiler der Aargauer Justiz. Sie entlasten die aktuell überlasteten Bezirksgerichte und sind unabdingbar für die Erhaltung des Rechtsfriedens im Kanton. Dies gilt noch vermehrt, wenn sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt – wie aktuell – stetig zuspitzt: Während das Angebot an freiem und bezahlbarem Wohnraum abnimmt, folgen die Miet-, Zins- und Nebenkosten einem klaren Aufwärtstrend. Wie dem Jahresbericht des Regierungsrats vom 20. März 2024 (Seite 17) entnommen werden kann, hat die Anzahl der Falleingänge bei den Schlichtungsbehörden für Miete und Pacht im Vergleich zum Vorjahr um 75% zugenommen. Meist gehe es dabei um Mietzinserhöhungen.

Wer je versucht hat, selber eine mietrechtliche Nebenkosten- und/oder Nettorenditenberechnung vorzunehmen oder zu überprüfen, weiss, dass dies ohne spezialisiertes Rechts- und Fachwissen fast nicht mehr möglich ist. Glaubwürdige, nachvollziehbare und für die Beteiligten akzeptable Ver-gleichsvorschläge müssen einen hohen Detaillierungsrad und hieb- und stichfeste Berechnungen aufweisen. Dem können die Schlichtungsbehörden nur gerecht werden, wenn ihnen ausgebildete Immobilienfachpersonen zur Verfügung stehen. Derart qualifizierte nebenamtliche Mitglieder zu finden, ist eine grosse Herausforderung. Diese Spezialistinnen und Spezialisten sind in ihrer hauptberuflichen Tätigkeit stark eingespannt und verdienen auf dem freien Markt klar mehr, als am Gericht.

Wenn eine Schlichtungsbehörde in der Lage ist, dank spezialisierter Immobilienfachpersonen die steigende Anzahl an Streitfällen speditiver, effizienter und mit einer hohen Akzeptanz zu erledigen, kann es möglicherweise zweitrangig sein, ob die entsprechenden Spezialistinnen und Spezialisten ausserhalb des Kantons Wohnsitz haben.

Die beantragte Ausnahmemöglichkeit bedeutet nicht, dass auf das kantonale Wohnsitzerfordernis gänzlich verzichtet werden soll. Im Gegenteil: Die Kenntnis des geographischen und sozialen Umfelds ist auch im Schlichtungsbereich wichtig und soll im Regelfall weiterhin eine Voraussetzung der Wählbarkeit sein. Es sind jedoch in der Praxis Konstellationen denkbar und aktuell, unter denen die betroffene Schlichtungsstelle auf die Anordnung einer angemessenen Einzelfalllösung angewiesen gewesen wäre. Diese Flexibilisierung kommt nicht nur den Schlichtungsbehörden zugute, sondern insbesondere auch den Rechtssuchenden.

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