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1. August-Rede Alfons Paul Kaufmann

1. August 2022

Zuerst ganz herzlichen Dank für die Einladung zur heutigen Bundesfeier. Es ist mir eine grosse Ehre heute ein paar Worte an Sie richten zu dürfen, dies auf Wunsch eures Gemeindeammanns Thomas Rohrer.

Bei seiner Anfrage, hat er mir mitgeteilt, dass er mich darum angefragt hat, weil er in mir einen „Brückenbauer“ sehe. Ein Brückenbauer, das tönt gut. Beim zweiten Gespräch zuhause bei sich und seiner Frau Heidi, hatten wir dann einen sehr interessanten Austausch miteinander, welchen die guten „Apfeltäschli“ von Heidi abrundeten. Nochmals herzlichen Dank

Dabei konnte ich sehr viel über Hellikon erfahren. Zum Schluss, des Gespräches, erhielt ich dann noch dieses Buch mit der „Dorfgeschichte von Hellikon“. Das Buch war neben Englisch lernen in Malta, meine Hauptlektüre in den letzten beiden Wochen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich sie liebe Hellikerinnen und Helliker um dieses Buch beneide.

Wer es noch nicht gelesen hat, dem empfehle ich dieses unbedingt zu lesen, denn es zeigt unwiderruflich die Geschichte und die Entstehung von Hellikon, aber auch von der näheren Umgebung, insbesondere des Fricktals.

Apropo Malta. Auch in ihrer Dorfgeschichte wird Malta explizit auf Seite 15 erwähnt. Welch ein Zufall!

Mit der erstmaligen Erwähnung von Hellikon, über Ulrich von Hellickonn, 1209, welcher in einen Holzstreit mit einem Wenslinger Bürger Namen’s Heinrich, dem Meier von Wenslingen verwickelt war, musste die Johanniterkommende Rheinfelden, schlichten. Die Johanniter wurden auch Malteser genannt, weil Malta lange Zeit Sitz des Grossmeisters dieses Ordens war. Dieser Orden war im Mittelalter, zur Zeit der Kreuzzüge, anfangs 12. Jahrhundert ein geistlicher Ritterorden. Ebenso trägt noch heute das Wappen von Malta ein ähnliches Kreuz in der Fahne wie wir es haben.

Dieses Buch wird mich und Sie, nun während meinen Worten zu Ihnen, immer wieder begleiten.

Erlauben Sie mir daher mit einem Satz des Vorwortes von ihrer ehemaligen Frau Gemeindeammann und heutigen Grossrätin Frau Kathrin Hasler zu beginnen:

Wir sind Menschen der Geschichte, wir stehen auf den Schultern der Vorfahren. Sie und ihre Werke sind Vorstufen der fortwährend und weiterschreitenden Gegenwart. Nur in diesem Bewusstsein kann Zukünftiges erreichbar sein. Man muss Geschichtlichkeit wieder gewinnen.

Bewahren ist nicht gleichzusetzen mit sturem Beharren. Die Rückbesinnung ist ein schwieriger Balanceakt zwischen dem, was vor uns war, und dem, was vor uns liegt. Die Progressiven wie Konservativen sollten darüber nachdenken.“ Prof. J.R. von Salis

Meine Damen und Herren diese Sätze könnten nicht trefflicher sein. Und wen ich nun  auf das „Brückenbauen“ komme so widerspiegeln diese Anfangssätze Ihrer Dorfchronik, genau die Thematik des Brückenbauens.

Brücken können auf verschiedene Arten gebaut werden. Sie dienen aber in allen Fällen zum Überrücken, zum Überwinden, und vor allem zum Verbinden. Eine Brücke verbindet, Gebiete, überquert Flüsse und verbindet vor allem Menschen.

Das konnte ich persönlich erleben, als ich neu in den Grossen Rat gewählt wurde und noch alles für mich fremd war. Kathrin Hasler, war damals eine der ersten, welche für mich Brücken baute und mir so half, mich in Aarau zurecht zu finden und mich mit anderen Menschen zu verbinden. Und so konnte auch ich immer wieder neue Brücken bauen und mich mit anderen Menschen verbinden.

Doch was braucht es zum Brücken zu bauen, zum Verbinden?

Ich bin überzeugt, dass es bei uns Menschen, gegenseitige Achtung und vor allem die Wertschätzung meines „Gegenübers“ braucht. Nur so können Gespräche entstehen und man kann sein Gegenüber besser verstehen und auch besser kennenlernen.

Insbesondere in der Politik wäre es wieder wichtig, wenn man vermehrt den Anderen zuhört, ihre Meinungen analysiert und sie als Menschen, und nicht nur als Politiker, versucht zu verstehen.

So erging es mir anfangs meiner Grossratstätigkeit einige Male, dass ich meine vorgefasste Meinung, oder aber auch die gefasste Meinung meiner Fraktion, während der Diskussion im Plenum revidieren musste. Revidieren, weil einmal die Argumente der rechten Seite und ein anderes Mal die Argumente der linken oder der grünen Seite Aspekte aufzeigten, welche mir bei meiner Entscheidungsfindung zu wenig bewusst waren.

Wenn ich dann wieder auf Ihre Dorfgeschichte komme, so stelle ich klar fest, dass  dies auch in den letzten Jahrhunderten in Hellikon mehrere Male genau so zu und her ging.

Immer wieder mussten neue Brücken gebaut werden mit den Nachbargemeinden Wegenstetten und Zuzgen, mit der Herrschaft der Habsbuger, dem Kloster Säckingen und mit dem Kanton Aargau, sowie vielen Anderen.

Und immer wieder ist es den Hellikerinnen und Helliker gelungen diese Brücken zu bauen. So erlauben sie mir einige Beispiele aus Ihrer Chronik dabei zu erwähnen:

Im Jahre 1803 ging es um einen einheimischen Ortsvorsteher, beim Eintritt in den neuen Kanton Aargau. Vorher gab es ja 1 Jahr lang den Kanton Fricktal und vorher waren wir hier ja habsburgisch.

So schrieb das damalige Bezirksgericht und die Fricktalische Verwaltungskammer, welche in dieser politischen Übergangsphase das Fricktal verwaltete und mit der Geduld am Ende waren, an die Aargauer Regierung:

„..dass die Halsstarrigkeit einiger Bürger von Hellikon angemessene Ahndung verdienen, um Ruhe und Eintracht wieder unter die verirrten Bürger zu bringen…( ) Es ist wirklich schmerzlich, dass man im ganzen Fricktal und vielleicht in allen anderen Gegenden des Kantons nur eine, und diese Gemeinde antreffen soll, welche durch wenige geleitet, sich nicht wieder an die vorige Ruhe und Ordnung zurück gewöhnen will, und alle andern Gemeinden schändet.“

 Nach dem hin und her war die Brücke gebaut und Hellikon bekam mit Joseph Waldmeyer einen ersten einheimischen provisorischen Ortsvorsteher.

Für mich war dies eindrücklich mit welcher Hartnäckigkeit die Helliker ihre Ziele verfolgten. Ich würde sagen „ab und zu mitem Grind durch d Wand“.

Weitere wichtige Brücken in der Helliker Bevölkerung mussten zwischen 1870 und bis nach dem zweiten Weltkrieg immer wieder zwischen den beiden katholischen Glaubensauffassungen gemacht werden. Dies war eine Zeit, wo es besonders wichtig war, sein Gegenüber zu kennen und vor allem zu respektieren. Dies gelang in dieser Zeit leider nicht immer. Auch in meinen Heimatort Wallbach, waren diese unterschiedlichen Glaubensauffassungen in dieser Zeit eine sehr grosse Herausforderungen und auch bei uns konnten nicht immer sofort Brücken gebaut werden. So waren beispielsweise in Wallbach Hochzeiten unter diesen beiden Konfessionen verboten.

Auch weitere Brücken mussten in den letzten Jahrzehnten in Hellikon gebaut werden.

Hilfe und Unterstützung beim Schulhausunglück 1875, immer wieder Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden Wegenstetten und Zuzgen, Bsp. Eigener Friedhof, Feuerwehr, ARA, und vieles mehr.

Dabei zieht sich ein roter Faden durch die Bevölkerung von Hellikon in all diesen Jahrhunderten. „Man war sich nicht zu wenig oder wie ein anders altes Wort sagt nicht zu minder, selbst etwas an zu packen, zu organisieren, zu planen, zu kaufen oder um zu setzen. Dabei bin ich überzeugt, dass unzählige Gräben, Meinungsverschiedenheiten und vieles anderes Mehr überwunden werden musste um all diese Brücken zu bauen um sich zu verbinden, um so gemeinsam weiter zu kommen. Hellikon, hat dies immer wieder auf eindrückliche Art gezeigt und vorgemacht. So hattet ihr schon bald Euer eigenes Schulhaus, sehr früh eine Turnhalle, Turnplatz und vieles mehr.

Wenn ich nun noch kurz auf die heutige und momentane Situation zu sprechen komme, stehen wir wiederum vor grossen Brücken, die es zu bauen gibt. Brücken die anderen Menschen in Not, helfen ihr Leid zu mindern, sie mit uns verbindet und es zulässt, dass diese Brücken möglichst wenig Hindernisse aufweisen.

Bereits im zweiten Weltkrieg hat dies Hellikon bewiesen mit dem Polenlager wo internierte Polnische Soldaten untergebracht waren.

Ich kann nicht voraussagen, was mit diesem Krieg in der Ukraine noch alles auf uns zu kommt, doch eines ist für mich sicher. Es liegt an uns allen immer wieder neue Brücken zu bauen. Sein gegenüber unangefochten seiner Herkunft, seiner Glaubensauffassung und vieles Anderes, als Mensch zu respektieren, um miteinander nach gemeinsamen, möglichen Brücken zu suchen, welche verbinden und nicht trennen.

Ich bin überzeugt, dass wir auch diese Brücken zu fremden Menschen in der Not schaffen, und das Leid der Kriegsflüchtlinge so etwas lindern können. Auch wenn es für uns nicht immer einfach sein wird.

Wir hatten an unseren Landesgrenzen seit über 77 Jahren keine kriegerischen Handlungen mehr. Im ersten, wie auch im zweiten Weltkrieg blieben wir durch kriegerische Handlungen auf unserem Boden weitgehendst verschont. In beiden Kriegen zeigte sich unsere Bevölkerung solidarisch und versuchte zu vermitteln und Brücken zu bauen. Leider gehen heute die Meinungen, betreffend Neutralität auseinander. Eines ist jedoch klar, mit unserer meist klaren Neutralität und unserer Solidarität sind wir in beiden Weltkriegen verschont geblieben.

Obwohl unsere absolute Neutralität, auch im zweiten Weltkrieg, leider nicht absolut neutral war, so rollten in vermeintlichen Kohletransporten, Waffen von Deutschland, durch den Gotthard, nach Italien.

Auch da braucht es wieder Brücken, damit wir unsere Position in Europa und in der Welt halten und festigen können.

Dazu müssen wir in allen möglichen Bereichen unsere Hilfe anbieten und einmal mehr uns mit den notleidenden Menschen solidarisch zeigen.

Dafür steht die Schweiz seit Jahrhunderten mit einem klaren weissen Kreuz in unserer Landesfahne und dem von Henry Dunant 1863 nach der Schlacht von Solferino, gegründeten Roten Kreuzes. Wir können stolz sein auf das weisse wie auch auf das rote Kreuz. Doch diese beiden Kreuze sehe ich auch als Verpflichtung immer wieder neue Brücken zu bauen.

Denn, wir mussten nie so viel Leid ertragen, wie andere Menschen auf diesem Kontinent.

In allen diesen Kriegen und auch im anhaltenden Ukrainekrieg, wurden und werden Brücken, gesprengt, vernichtet oder geschlossen mit Mauern, Verbauungen, Stacheldraht oder Metallabsperrungen.

Meine Damen und Herren, es ist noch keine 2 Jahre her oder knapp 2 Jahre, wo genau dies an unseren Landesübergängen in Rheinfelden, Stein und Laufenburg und ringsum unser Land, dies geschah. Es wurden 2020 die Landesgrenzen geschlossen und für längere Zeit mit Absperrgitter verbarrikadiert. Brücken waren vorhanden, aber das Benützen und somit die Verbindung zwischen uns Menschen nicht mehr oder sehr eingeschränkt möglich.

Ich hoffe, dass dies einmalig war und wir in Zukunft nicht wie es  Sir Isaac Newton: bereits einmal sagte:

Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken.“
Bauen wir also wieder Brücken, Brücken zu unseren Mitmenschen und reissen wir die Mauern, welche vielfach zwischen uns stehen nieder.

Oder machen wir es wie ein Kind einst sagte:

Du hast einen schönen Beruf“, sagte das Kind zum Brückenbauer. „Es muss schwer sein, Brücken zu bauen.“

„Wenn man es gelernt hat, ist es leicht“, sagte er. „Es ist leicht Brücken aus Stahl und Beton zu bauen. Die anderen Brücken sind viel schwieriger“, sagte er, „die baue ich aus Träumen“.

„Welche anderen Brücken?“, fragte das Kind.

Der alte Brückenbauer sah das Kind nachdenklich an. Er wusste nicht, ob das Kind es verstehen würde. Dann sagte er: „Ich möchte eine Brücke bauen, von der Gegenwart in die Zukunft! Ich möchte eine Brücke bauen, von einem Menschen zum anderen, von der Dunkelheit ins Licht, von der Traurigkeit zur Freude. Ich möchte eine Brücke bauen, von der Zeit in die Ewigkeit über alles Vergängliche hinweg.“

Das Kind hatte aufmerksam zugehört. Es hatte nicht alles verstanden, spürte aber, dass der alte Brückenbauer traurig war. Weil es ihn wieder froh machen wollte, sagte das Kind: „Ich schenke dir meine Brücke“.

Und das Kind malte für den Brückenbauer einen Regenbogen.

Ein Regenbogen, der im wahrsten Sinn eine Brücke darstellt und mit seinen sieben Spektralfarben: Rot – Orange – Gelb – Grün – Blau – Indigo- Violett, unsere ganze Farbpalette in der Lichtbrechung zeigt und der diese im weissen Licht wieder vereint.

Wenn ich nun nochmals den Schlusssatz vom Vorwort Euer Dorfchronik zitiere:

„Bewahren ist nicht gleichzusetzen mit sturem Beharren. Die Rückbesinnung ist ein schwieriger Balanceakt zwischen dem, was vor uns war, und dem, was vor uns liegt. Die Progressiven wie Konservativen sollten darüber nachdenken.“

So wünsche ich mir für unsere gemeinsame Zukunft,

  • dass wir uns einander bei aller Verschiedenheit respektvoll begegnen.
  • dass wir die eigenen Bedürfnisse ernst nehmen und gleichzeitig die Bedürfnisse anderer im Blick haben.
  • dass wir Konflikte als Chance sehen, zu wachsen und das Verständnis füreinander zu vertiefen.

Das klingt leicht, ist aber nicht einfach! Doch wenn es auch nur hin und wieder gelingt, ist das ein kleiner Schritt hin zu der Veränderung der Welt, die wir uns wünschen und brauchen und somit der erste wichtige Schritt eine neue Brücke zu bauen.

Versuchen wir es doch nun alle. Schenken wir jetzt unserem Gegenüber ein Lächeln und sie werden sehen in den meisten Fällen kommt ein Lächeln zurück.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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